Universität Ulm

Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften

Seminar "Internetportale"

WS 2001/2002

Seminarleiter: Prof. Dr. F. Schweiggert

 

 

 

 

Was ist ein Internetportal?

  • Geschichte, Kriterien und Funktionen

 

 

 

 

 

 

 

Seminararbeit vorgelegt von:

Bernhard U. von Boyen

Friedenstraße 7

89073 Ulm

Tel: 0731/9215867

Email: bernhard.boyen@student.uni-ulm.de

Inhaltsübersicht

Einleitung

1. Portale – Anziehungspunkte im Internet ..........................................................................S.4

Hauptteil

2. Definition, Geschichte und Ausprägungen von Internetportalen

    1. Definition.....................................................................................................................S.5
    2. Definition nach einer Studie von Dataquest: "Das ideale Portal eröffnet einen gemeinsamen, personalisierten Zugang zu Daten, Expertisen und Anwendungen".

    3. Geschichte der Internetportale.....................................................................................S.6
      1. 1. Generation

(ISP’s)

      1. 2. Generation

(Suchmaschinen und Suchkataloge und deren Verquickung mit Medienunternehmen)

2.2.4. 3. Generation

(die heutige Form - allg. Unternehmen die unter ähnlichem Dachkonzept Plattformen aufbauen)

    1. Kategorisierung............................................................................................................S.8
      1. Inhalt: Horizontale und Vertikale Portale
      1. Funktion: Personalisierungsgrad
        1. Nicht personalisierte Portale (Portale im weiteren Sinne):
          1. Startseite des Browserherstellers
          2. ISP’s
          3. Hyperlinksammlungen

           

        2. Personalisierte Portale (Portale im engeren Sinne):
          1. Persönliche Portale

         

         

         

      2. Nach E-Business-Aktivitäten:
        1. E-Commerce
          1. Business-to-Consumer-Portale:
            1. Konsumentenportale
            2. Enterprise Information Portale

        2. E-Integration
        3. 2.3.3.2.1. Business-to-Business-Portale

        4. E-Workflow

2.3.3.3.1. Business-to-Employee-Portale

2.3.3.4.Abschließender Vergleich der verschiedenen Portale

3. Funktionen eines Portals .................................................................................................S.14

    1. Steuerung
    2. Daten-Integration
    3. Personalisierung
    4. Benachrichtigung
    5. Wissensmanagement
    6. Arbeitsablauf
    7. Anwendungsintegration
    8. Infrastrukturdienste

 

 

  1. Analyse eines Portals am Beispiel von www.lycos.de...............................................S.17
  2. das Deutsche Internetportal von "Lycos Europe"

    1. Die Unternehmensgeschichte
    2. Vorhandene Dienste und Marken
    3. Analyse
    4. Funktionenbetrachtung

 

Schluß

5. Die Zukunft von Internetportalen....................................................................................S.19

 

Anhang

Legende..................................................................................................................................S.20

Quellenverzeichnis.................................................................................................................S.21

 

 

1. Portale – Anziehungspunkte im Internet

 

Im Jahre 1969 begann das amerikanische Verteidigungsministerium damit, das erste große Computernetzwerk aufzubauen. Das sogenannte ARPA(1)-Netz diente zur Kommunikation und zum Datentransfer. Daraus entwickelte sich dann das heute allseits bekannte WWW, das World Wide Web(2), das privat und kommerziell genutzt wird. Die breite, weltweite Nutzung ist auch der Grund, warum diesem Medium ein in dieser Geschwindigkeit vorher noch nie da gewesenes Wachstum beschert wurde.

Internetstatistiken bescheinigen dem WWW ein fast exponentielles Wachstum: Während noch im ersten Halbjahr des Jahres 1993 die Anzahl der registrierten Domains(3) von 1,313,000 auf 1,776,000 wuchs, war der absolute Zuwachs im vergleichbaren Zeitraum des Jahres 2001 noch um ein Vielfaches größer. (Allerdings hatte sich die Zahl der Domains inzwischen um das mehr als Achtzigfache vergrößert.) Er stieg von der gewaltigen Zahl von 109,574,429 auf 125,888,197(H). Das WWW eröffnete zudem neue technologische Möglichkeiten. Diese dienten sofort als Nährboden für neue (Geschäfts-)Ideen, und es entwickelte sich parallel zur "realen" Welt eine sog."virtuelle", d.h. scheinbar existierende Welt.

Interessant ist nun, dass sich unter den "Top – 10" Domainnamen Deutschlands(F) nur Webauftritte befinden, die heute unter dem neuen Begriff "Internetportale" zusammengefasst werden. Dies sind zum Beispiel die Auftritte von T-Online(4), MSN(5), Yahoo!(6) oder Lycos(7), um nur einige zu nennen.

Diese beiden Feststellungen lassen den Rückschluß zu, dass das Web und damit die sogenannten Internetportale eine enorm hohe Bedeutung im Geschäfts- aber auch im Privatleben erreicht haben.

Doch was genau sind Internetportale? Welche Entwicklung haben sie genommen? Was haben sie eventuell gemeinsam und was unterscheidet sie voneinander? Gibt es Kriterien zur Kategorisierung? Wo genau liegt der Unterschied zu einem herkömmlichen Website bzw. einer Homepage und worin liegt das Geheimnis ihres Erfolges?

Die vorliegende Arbeit versucht, diesen Fragen nachzugehen und entsprechende Erklärungen zu geben.

Der erste Teil befasst sich dabei mit der Begriffserklärung, einer kurzen Entwicklungsgeschichte und schließt ab mit der Kategorisierung heute auftretender Portalformen.

Im zweiten Teil werden die Funktionen erläutert, die laut einer Marktstudie zu einem sogenannten ‚idealisierten‘ Portal gehören, um dann die gewonnenen Erkenntnisse am Beispiel eines bekannten Portals genauer zu analysieren.

Abschließend wird versucht, mit Hilfe von Statistiken und Kennzahlen einen Ausblick auf die zu erwartende Entwicklung von Internetportalen zu geben.

 

 

2. Definition, Geschichte und Ausprägungen von Internetportalen

 

 

2.1 Definition

 

 

Das Wort "Portal" kommt vom lateinischen Wort "porta" – die Tür bzw. das Tor. Es bezeichnet in der Baukunst einen architektonisch besonders ausgestalteten Eingang zu einem größeren Gebäude, z. B. zu einem Schloss oder einer Kirche.

Die wesentlichen Merkmale dieses architektonischen Begriffs , nämlich die besondere Ausgestaltung eines Eingangs, sind offenbar auch für die Definition eines Web-Portales(8) von Bedeutung. Auch hier scheint es sich demnach um einen besonders ausgestalteten Eingang bzw. Zugang zu handeln, allerdings nicht zu einem Gebäude, sondern zu einem großen Netzwerk.

Es existieren heute verschiedene Definitionen, wobei der sehr große Umfang und die relativ junge Geschichte des Begriffs noch keine wissenschaftlich exakte Definition zugelassen haben. "Dataquest"(A) , ein Marktforschungsunternehmen, versucht folgenden Ansatz: "Das ideale Portal eröffnet einen gemeinsamen, personalisierten Zugang zu Daten, Expertisen und Anwendungen".

Hier werden die Gemeinsamkeiten und Parallelen zum Architekturbegriff wieder deutlich: Es geht um einen besonders ausgestalteten Zugang zu einem ‚virtuellen’, abstrakten Raum, nämlich zu Daten, Expertisen und Anwendungen.

Wie die ‚Ausgestaltung‘ dieses Einganges aussieht, bleibt zu klären. Die oben genannte Definition läßt vermuten, dass diese in den Begriffen "gemeinsam" bzw. "personalisiert" versteckt ist.

Tatsächlich ist, wie noch beschrieben wird , die "Personalisierung" nur eine von acht Basisfunktionen die ein Internetportal erfüllen soll beziehungsweise kann.

Diese und die anderen sieben werden im 3. Abschnitt der Arbeit beschrieben

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2.2 Geschichte der Internetportale

 

Die Begriffserklärung lässt aber noch Fragen offen. Wie sieht z.B. die Umsetzung oder Ausgestaltung einer "digitalisierten Tür" genau aus? Wie entstand eigentlich ein Zugang zu dem Netzwerk WWW? Um dies zu klären, wendet sich dieser Abschnitt der Arbeit deshalb zuerst der Geschichte zu, d. h. der Entwicklung von Internetportalen bis zum heutigen Zeitpunkt.

Da diese sehr eng mit der Geschichte des WWW verknüpft ist und dieses noch nicht allzu lange existiert, ist sie relativ leicht nachvollziehbar. Man kann sie sich anhand von Beispielen leicht vor Augen führen.

Aufgrund der Entwicklung des Internets spricht man heute von drei Generationen von Internetportalen.

2.2.1. Die erste Generation

Die erste Generation bilden schlicht und einfach die ersten ISP’s (Internet Service Provider). In erster Linie stellten sie einen Zugang zum Internet für Privatleute und Firmen bereit. Dazu gehören Dienstleistungen wie FTP(9) und TelNet(10), sowie Bildschirmtext(11) und später dann auch der Zugang zum WWW, das eher einer passiven Nutzung des Webs entspricht. Dies waren Firmen wie AOL und CompuServe in den Vereinigten Staaten und die Deutsche Telekom bzw. ihre Tochter T-Online in Deutschland. ISP’s begnügten sich zu Beginn über Jahre hinweg damit, nur Durchgänge in Form der oben genannten Dienstleistungen anzubieten.

2.2.2. Die zweite Generation

Als sogenannte zweite Generation bezeichnet man heute die Suchdienste. Sie stellen Suchmaschinen zur Verfügung, die automatisch die Überschriften der Websites und deren sogenannte MetaTags(12) nach dem vom Internetnutzer gestellten Suchbegriff durchsuchen. Sie waren und sind noch heute für Millionen von Surfern der erste Anlaufpunkt im Netz, wenn es darum geht, Informationen zu bekommen. Sie stellen ihre Dienste kostenlos zur Verfügung, was erst durch Werbeeinblendungen auf sogenannten Bannern(13) möglich wurde.

Vorreiter waren hier "Jerry’s guide to the web", das heutige Yahoo!, wie auch InfoSeek(14) und Excite(15). Diese "Start-Ups" erweiterten ihren Service bald mit weiteren Dienstleistungen, wie z.B. Wettervorhersagen, Horoskope oder einen persönlichen Portfolio-Watcher , da sehr schnell erkannt wurde, dass durch die schnelle und hohe Akzeptanz der Nutzer, die durch den High-Tech Boom der 80er und 90er Jahre getragen wurde, ein enormes Werbe-Potential entstand. Yahoo! als Marktführer verzeichnet täglich 625.000.000 Klicks , ein Kundeninteresse, das kein Medium vorher erreichte. So wurden sie von "Durchgangspforten vergleichbar mit Flughäfen"(B), wie sie ein Vize-Präsident von Excite beschrieb, sehr schnell ausgebaut mit dem Ziel, den Nutzer zu binden und eine längere Aufenthaltszeit des einzelnen Nutzers zu erreichen!

 

 

Diese schnelle Akzeptanz der Benutzer und der oben schon erwähnte Boom steigerten die Phantasien in diesem Marktsegment. Suchdienste erreichten in kürzester Zeit schon eine größere Marktkapitalisierung als etablierte Unternehmungen. Ihr Wachstum war vor allem Ende der neunziger Jahre immens. T-Online z.B. erreicht heute einen Börsenwert von über 16 Milliarden Euro(E), was denjenigen vieler traditioneller Unternehmungen übertrifft. Dies und die Idee, Portale zur Verlängerung der eigenen Wertschöpfungskette zu nutzen, machten Beteiligungen für andere Unternehmen interessant. Naheliegend war dies vor allem für Medienunternehmen und Netzbetreiber.

Umgekehrt zwang der Boom diese Internetunternehmen dazu, ständig neue Inhalte anzubieten, um dem Verlangen der Nutzer gerecht zu werden und um so nicht den Kampf um die Werbemillionen zu verlieren. Gleichzeitig wollte man mit dem Zusatzangebot eines Internetzugangs neue Einnahmequellen erschließen.

Diese Gesichtspunkte führten schnell zu einer Verbindung von Medienunternehmen und Netzbetreibern auf der einen Seite und Portalbetreibern auf der anderen, wie folgende Tabelle verdeutlichen soll:

Portal Betreiber/Partner

InfoSeek

Walt Disney

InfoSeek Deutschland

T-Online, Holtzbrinck-Gruppe, Springer Verlag, InfoSeek Muttergesellschaft

Lycos

AT&T, Bertelsmann, Spray Network

Yahoo

MCI

Excite

Microsoft

Tabelle: Aus Referat "Internetportale" von Schwelle/Träger/Schneider - FH Brandenburg

      1. Die dritte Generation

Durch den sich fortsetzenden Erfolg, den die bisherigen Portalanbieter zusammen mit den Medienunternehmen mit diesen Portalen hatten, wurden natürlich auch schnell Unternehmen verschiedenster Art und Herkunft auf dieses Präsentations-Konzept aufmerksam.

Aufgrund der hohen Akzeptanz beim Nutzer erkannten Unternehmen aus der ‚Old-Economy’ schnell den Nutzen für die Corporate-Identity und zur Erleichterung der nachhaltigen Kundenbindung. Zusätzlich versprach man sich einen erweiterten Absatzkanal beziehungsweise Vertriebsweg oder sogar eine ähnliche Verlängerung der eigenen Wertschöpfungskette, wie es ihnen von den Medienunternehmen und Netzbetreibern vorgemacht wurde. So versuchten verschiedene Unternehmen, zentrale, permanent nutzbare und aktualisierbare Plattformen im Internet aufzubauen, um so eine in sich schlüssige Marken- und Corporate-Strategie zu bilden.

Diese Plattformen sollen es ermöglichen, alle Funktionssäulen eines Unternehmens zu verbinden und darzustellen, um so auch den Ablauf zu optimieren und den Vertrieb zu steigern. Die enormen kostensenkenden und umsatzsteigernden Seiteneffekte trugen zur Beschleunigung dieser Entwicklung bei, und es entstanden die unterschiedlichsten Portalformen wie z.B. "Business2Business-Portale", "Business2Consumer-Portale", die ein breiteres Spektrum aufweisen und deswegen zu Recht Portale der 3. Generation genannt werden können.

2.3 Kategorisierung

 

Einleitung

 

Nach der Klärung des Begriffs "Internetportal" und der Darstellung seiner geschichtlichen Entwicklung kommt nun der eigentliche Kern dieser Arbeit.

Dieser Abschnitt wendet sich der möglichen Kategorisierung verschiedener Typen von Internetportalen zu. Es soll versucht werden, einen Überblick über die existierenden Portale zu geben, indem nach deren Inhalt, Funktion und E-Business-Aspekten unterschieden wird. Dieser Ansatz der Kategorisierung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Oft ist es wegen fließender Übergänge nicht möglich, genaue Abgrenzungen vorzunehmen.

Zugleich werden die verwendeten Begriffe für die unterschiedlichen Formen begrifflich erklärt, um so mehr Hintergrundwissen zu schaffen

 

 

2.3.1 Inhalt: Vertikale und Horizontale Portale

 

Internetportale können nach dem angebotenen Inhalt und den damit angesprochenen Zielgruppen unterschieden werden. Damit wird noch keine Aussage über ihre entsprechenden Funktionalitäten gemacht.

Sogenannte horizontale Portale sind auf umfassende Information ausgelegt. Sie sprechen eine breite Nutzermenge im Consumer-Bereich an, indem sie über alle Branchen hinweg Angebote in Katalogen zusammenfassen und evtl. untereinander vergleichen.

Für Nutzer sollen diese Kataloge auf ihrer Informationssuche eine große Erleichterung darstellen. Die Anbieter versprechen sich einen zusätzlichen Werbeeffekt.

Beispiel für ein rein horizontales Portal sind die bekannten "Gelben Seiten" (www.gelbeseiten.de).

Dahingegen wenden sich die vertikalen Portale an eine spezielle Interessengruppe oder an ein Marktsegment. Sie sind gruppen- bzw. community(16)-orientiert.

Sie nehmen sich einen Teil aus dem horizontalen Spektrum, um dann in diesem Bereich in die Tiefe zu gehen, man kann auch sagen ‚ um ihn "vertikal" aufzuarbeiten.

Beispiele hierfür sind Portale, die Themen für Minderheiten aufgreifen oder sich direkt an einzelne Branchen, wie zum Beispiel Logistikunternehmen, richten.

 

 

 

 

 

 

2.3.2. Funktion: Personalisierungsgrad

Die Personalisierung ist, wie schon erwähnt, eines der Kriterien, die für die Definition des Portals eine zentrale Rolle spielen. Deshalb liegt es nahe, sie auch als Differenzierungsmaßstab zu nehmen.

Es wird hier Bezug genommen auf einen Definitionsversuch von Andreas Frenko(I) , der zwischen Portalen im "weiteren" und solchen "im engeren Sinne" unterscheidet. Frenko sieht den Unterschied in der Personalisierung.

Unter Portalen im weiteren Sinne sind alle jene zusammengefasst, die zum Einstieg ins Netz dienen. Dazu gehören die Startseiten der Browserhersteller, die Onlinedienste der ISP’s, die Suchmaschinen (wie oben schon erklärt) und die sogenannten Hyperlinksammlungen, die auf weitere Inhalte im Web verweisen.

2.3.2.1. Nicht personalisierte Portale (Portale im weiteren Sinne):

2.3.2.1.1.Startseite der Browserhersteller

Sie ist die Standardeinstellung der Startseite des verwendeten Browsers(17). Die Startseite des Browsers wird angezeigt, wenn man den Browser öffnet.

2.3.2.1.2. Dienste der ISP’s

Unter der Bereitstellung eines Dienstes versteht man die Bereitstellung eines einfachen Zugangs zum Internet, nicht mehr und nicht weniger. Wie oben schon ähnlich bei der ersten Generation von Portalen erläutert wurde. Zum Beispiel verwendete die Telekom im Jahre 2000 für die Einführung des neuen Breitbandzugangs ADSL den Begriff "Breitbandportal". Dies stellt sogleich die einfachste Verwendung des Wortes "Portal" dar, weil es den einzigen Fokus auf den Zutritt wirft und andere Aspekte der Definition hier keine Rolle spielen.

 

2.3.2.1.3. Hyperlinksammlung

Eine Linkauswahl ist eine Bündelung von Verknüpfungen (sogenannte Hyperlinks(18) ). Meist beschränkt sich eine Hyperlinksammlung auf gewisse Themen. Dies entspricht wohl der gängigsten Vorstellung von Portalen. Doch wie wir weiter unten, im Abschnitt 3, sehen werden, bietet ein solcher Website eben nur einen kleinen Teil von Portalfunktionalitäten und wird auch deswegen gerne Trivialportal genannt.

Als Beispiel nennt Thomas Schwarz(K) hierzu www.autos.de, unter der man verschiedene Links zum Thema Autokauf findet. Auch anführen kann man www.mybiz.de, einen Website, der zu verschiedenen Themen, wie Finanzen, Städte u.ä. eine Linkauswahl bietet.

Trivialportale bieten also eine Katalogisierung von Inhalten ohne Individualisierung, wobei eine gewisse Vorauswahl der Inhalte getroffen wird.

 

2.3.2.2. Personalisierte Portale (Portale im engeren Sinne)

Die Definition von Portalen im engeren Sinne baut auf der im weiteren Sinne auf, hebt allerdings zusätzlich auf das Kriterium der Personalisierung ab. Kurz gefasst, bedeutet "Personalisierung" die spezielle Ausrichtung des Portals auf den einzelnen Verwender. Im dritten Abschnitt wird hierauf näher eingegangen. Der jeweilige Nutzer kann seine individuellen Präferenzen bei der Gestaltung der Seite mit einfließen lassen. Hierzu gehört auch das sogenannte Persönliche Portal.

 

2.3.2.2.1. Persönliche Portale

Unter diesem Begriff versteht Thomas Schwarz(K) die einfache Möglichkeit, sich einen plattformunabhängigen Arbeitsplatz (Desktop) einzurichten, der es ermöglicht, die einzelnen Anwendungen wie E-mails, Kalender und sonstige Computeranwendungen und Informationen unabhängig von Ort, Zeit und Betriebssystem anzuwenden und zu verknüpfen. Dies soll der Optimierung eigener oder teaminterner Arbeitsabläufe dienen. Als Beispiel gibt er www.enfish.com an, die eine solche Plattform vertreiben.

Hier spielt auch zusätzlich der Aspekt des gemeinsamen Zugangs eine Rolle, da der Bezugspunkt dieses Portals eindeutig die Arbeitsbedürfnisse des einzelnen Mitarbeiters im Kontext eines Teams ist.

2.3.3. Nach E-Business-Aktivitäten

 

Um der großen Bedeutung der Internetportale im elektronischen Geschäftsleben (E-Business) Rechnung zu tragen, wird nun eine Unterscheidung nach E-Business-Aktivitäten vorgenommen.

Das Internet bietet eine für Wirtschaftsunternehmen interessante Infrastruktur. Weltweite Verfügbarkeit und kostengünstige Betreibung sind hier nur zwei Aspekte.

Dies macht den Website, das Portal, zu einem Ort an dem E-Business-Aktivitäten angeboten werden können.

Da aber das Portal heute nicht nur als Marketinginstrument betrachtet wird, sondern auch als wettbewerbsrelevantes System, mit dem Waren und Dienstleistungen verkauft werden können und mit dem betriebliche Leistungsprozesse optimiert werden können, existieren verschiedene E-Business-Segmente: E-Commerce, E-Integration und E-Workflow.

2.3.3.1 E-Commerce

E-Commerce bedeutet vereinfacht die Fortsetzung des Handels und Kundenkontakts mit Hilfe des Internets, d.h. eines entsprechenden Website. "Elektronischer Handel" ist somit eine Funktion des Vertriebs und des Marketings und verbindet das Unternehmen mit dem Kunden.

2.3.3.1.1. Business-to-Consumer-Portale:

Deswegen ordnet man dem E-Commerce Portale unter dem Oberbegriff Business-to-Consumer-Portale zu. Diese können sowohl kundenspezifisch – hier spricht man dann von "Consumer-Portals"(19) – als auch unternehmensspezifisch angelegt sein, mit sogenannten Enterprise Information Portalen.

2.3.3.1.1.1. Konsumentenportale:

Konsumentenportale verfolgen den Zweck, der Masse von Anwendern einen möglichst einfachen Eintritt ins Internet zu ermöglichen. Beispiele hierfür sind Yahoo!, AOL oder Lycos.

Sie werden oft auch als "Megaportale" bezeichnet. Sie zeichnen sich durch eine Reihe von Suchmöglichkeiten und Nachrichten aus, aber vor allem werden dem Benutzer vorausgewählte Informationen und Anwendungen und auch Links dazu angeboten, ohne sich auf ein Themengebiet zu spezialisieren. Deswegen werden sie auch der Klasse der horizontalen Portale zugeordnet. Durch die Selektion wird versucht, dem "User" eine Hilfestellung bei der unübersichtlichen Informationsfülle des Internets zu geben.

In der Regel beobachtet man eine Gliederung in einen unpersonaliserten und einen personaliserten Teil. Im ersteren findet man aktuelle Links und Neuigkeiten, wie oben schon beschrieben wurde, da man davon ausgeht, dass ein Großteil der "Surfer" gewisse Grundinteressen hat. Während man im personalisierten, auf den Benutzer zugeschnitten Teil neben den Suchmöglichkeiten die für einen wichtigen Applikationen findet. Hier findet man unter anderem einen regionalen Wetterbericht, einen individuellen Aktien-"watcher" und regionale Nachrichten oder Ähnliches.

2.3.3.1.1.2. Enterprise Information Portals (EIP)

(P. der Unternehmensinformation):

Ähnlich stellen sich EIP’s dar. Grundsätzlich unterscheiden sie sich vom Konsumentenportal nur anhand der Ausrichtung. Sie sind unternehmensspezifisch, d.h. der Einstieg des Nutzers bzw. Kunden soll zum Unternehmen hin erfolgen. Zu den jeweiligen Produkten und Dienstleistungen werden zusätzlich noch unternehmensrelevante und unternehmenseigene Informationen angeboten. Public- und Investor-Relations können hier zudem umgesetzt werden.

Dies macht das EIP in der Regel zu einem klassischen vertikalen Portal.

Durch die Personalisierung entsteht die Möglichkeit, die eigenen Produkte zu individualisieren bis hin zu einer Preisdiskriminierung 3. Grades, wie es E.ON gerade mit dem Konzept "MixPower" vormacht.

2.3.3.2. E-Integration

Unter dem Aspekt der Optimierung sind die Aspekte E-Integration und E-Workflow zu sehen. Da diese einen betriebsinternen Gesichtspunkt darstellen, hat es auch gleichzeitig einen geschlossenen Benutzerkreis dieser Portale zur Folge.

E-Integration bedeutet eine elektronische Unterstützung der Unternehmenskooperation. Sie kann in den Bereichen Einkauf, Vertrieb, Research o.ä. geschehen. Schlüssig erscheint hier daher der Name Business-to-Business-Portale .

2.3.3.2.1. Business-to-Business-Portale (B2B):

Das Business-to-Business-Portal erleichtert und verbessert die Kommunikation zwischen Geschäftspartnern und unterstützt kooperative Wertströme. Einfach gesagt, sie dienen zur Abwicklung "elektronischer" Geschäfte.

Ein Beispiel: An Stelle von Geschäftsformularen wie Anfragen, Angeboten und Bestellungen – die von einem Computer ausgedruckt und dann mit der Post verschickt werden – werden elektronische Formulare über das Netz den entsprechen Unternehmen, wie z.B. einem Zulieferer, zur Verfügung gestellt. Er enthält gleichzeitig die von ihm benötigten Einblicke ohne deswegen Zugriff auf Interna zu haben. Dies benötigt natürlich einen sehr hohen Standard an Sicherheit, und deshalb wird hier auf die Vergabe von Zugriffsrechten und die Protokollierung sehr großen Wert gelegt.

Ein großer Unterschied zu den bisher erläuterten Portalen besteht in der Anzahl der Nutzer. Sie ist bei B2B-Portalen viel geringer, da die Zielgruppe sich eben auf die aktiv und potentiell kooperierenden Geschäftspartner in der erweiterten Wertschöpfungskette des Unternehmens beschränkt. So stellen sogenannte Procurementportale(20) meist eine Eins-zu-eins-Verbindung zwischen Zulieferer und Unternehmen her, genauso wie Developer-Portale eine Verbindung zu einem Unternehmen mit partnerschaftlichen Entwicklungsvorhaben bereitstellen. Dadurch entsteht eine gewisse Alleinstellung solcher Portale.

Zusätzlich macht die übergeordnete Funktion der "Logistik-Erleichterung" eine Anwendung dieses Konzepts in allen Unternehmensbereichen denkbar, die einen erhöhten Logistikaufwand haben.

2.3.3.3. E-Workflow

Unter dem Begriff "E-Workflow"(21) versteht man eine Verbesserung der betrieblichen Arbeitsabläufe unter Zuhilfenahme moderner computergesteuerter Verfahren. Daraus resultiert die Idee des Business-to-Employee(22)-Portals. Dieses Portal basiert daher auf dem Intranet und stellt eine Arbeitsoberfläche dar, in der bestehende Computeranwendungen und relevante Informationen integriert werden.

2.3.3.3.1. Business-to-Employee-Portals (B2E-Portale)

B2E-Portale sollen den IT-Anwender einer Firma unterstützen, indem sie ihm eine strukturierte Sicht auf genau die Informationen und Anwendungen eröffnen, die er für seine tägliche Arbeit benötigt. Sie weisen also Ähnlichkeiten zu den oben beschriebenen Konsumentenportalen auf, mit dem Unterschied, dass der dadurch ermöglichte Blickwinkel unternehmensbezogen sein sollte.

Es handelt sich also um eine Verbesserung des Konzeptes des mobilen Desktops, auch Desktop-Computing genannt, das aber idealerweise durch eine intuitiv und bequem zu bedienende Weboberfläche ersetzt wird, damit ein Einsatz in- und außerhalb des Unternehmens ermöglicht wird. Als Basis und Datenbank dient das unternehmenseigene Intranet. Jim Wessely, IT-Leiter des Chemiekonzernes Dupont fordert zum Beispiel deswegen lapidar, dass dieses Interface einfacher zu benutzen sein sollte als eine Mikrowelle. "Um mein Gerät daheim bedienen zu können, musste ich die Gebrauchsanleitung anschauen. Ich möchte aber, dass niemand nach einer Anleitung für unser Portal zu fragen braucht."(J)

Eindeutiges Ziel ist es also, Produktivitätssteigerung durch Zeitersparnis zu erreichen und dem Mitarbeiter ein Werkzeug in die Hand zu geben, mit dem er seine Arbeitsabläufe effizient zu kontrollieren vermag.

Funktional gesehen, unterscheidet sich das Unternehmensportal zum Konsumentenportal durch Anwendungen wie E-Mail und/oder Kalenderfeatures, die den unternehmensinternen Informationsfluß steigern und Terminabsprachen erleichtern sollen.

Thomas Schwarz verwendet eine sehr treffende Umschreibung, die der Verdeutlichung dienen soll: " Wenn man die Möglichkeiten, die heute in einem Organizer stecken auf einer Website zusammenfasst und mit einer (unternehmensbezogenen, auf der internen Datenbank aufbauenden) Suchmaschine verknüpft, erhält man eine ungefähre Vorstellung davon, wie ein B2E-portal aussehen könnte"(K).

2.3.3.4. Abschließender Vergleich der verschiedenen Portale

 

Nutzerkreis

Offen

Geschlossen

Netzwerk

Internet

Extranet

Intranet

Ebusiness-Segment

Ecommerce

Eintegration

eWorkflow

Bezeichnung

Consumer Portal

Enterprise Information Portal

-

Intranetportal

Orientierung

Kundenspezifisch

unternehmensspez.

Kooperativ

Unternehmensintern

Bezeichnungsvorschläge

Business-to-Consumer-Portal

B-t-B-Portal

B-t-Employee-Portal

Tabelle : Unterteilung nach eBusiness-Aktivitäten(C)

 

3. Funktionen eines Portals

 

Nachdem geklärt ist, welche Portale welchem Zweck dienen, sollen nun die einzelnen Funktionen eines "idealen" Portals, wie es das Marktforschungsinstitut Ovum sieht(A) , vorgestellt werden. "Ideal" heißt hier, die einzelnen Funktionen sind nicht bindend und sind auch kaum alle zusammen in einem bestehenden Portal zu finden. Ihre idealisierte Zusammenfassung ist aber nützlich für den Vergleich zwischen einer herkömmlichen Website und einem Internetportal.

3.1. Die Steuerung

Die erste Funktion ist die Erleichterung bzw. die Steuerung bei der Suche nach Inhalten. Hierfür wird der Begriff Navigation verwendet.

Dazu gehört nicht nur eine Oberflächensuche, das heißt nicht nur die Suche nach dem angegebenen Stichwort im Dateinamen, sondern idealer Weise sollen auch Inhalte bei der Suche mit einbezogen werden.

Sinn macht es in den meisten Fälle auch, eine geeignete Kombination von Suchkriterien zuzulassen, um so dem Nutzer eine genauere Spezifizierung des Gesuchten zu ermöglichen.

Bei der Suche sollten externe (Web-), wie interne Dateien mit einbezogen werden. Demnach eignet sich hierfür als Benutzeroberfläche der Web-Browser.

3.2. Die Daten-Integration

Da die Navigation Informationen aus verschiedenen Quellen bereitstellen soll, erfordert dies eine Integration von verschiedenen Inhalten. Dies wird unter dem Begriff Content Management zusammengefasst.

Unter Content Management versteht man nicht nur die Bereitstellung von Inhalten aus verschiedenen Quellen, sondern diese Funktion soll auch für eine effiziente Nutzung der Inhalte sorgen.

Hier bedarf es einer ausgefeilten Schnittstellentechnik, um dieses Ziel mit entsprechenden Mitteln zu verfolgen. Schnittstellentechniken wie z.B. Unified Content API (Application Programming Interface) unterstützen alle gängigen Werkzeuge für die Entwicklung von Web-Umgebungen und helfen so, diesen Aufwand beschränkt zu halten.

3.3. Die Personalisierung

Information Overflow, der Informationsüberfluss, ist eines der größten Probleme des Internets. Suchmaschinen und Suchkataloge bieten Abertausende von Informationen an. Daher ist die effiziente Verwendung von Informationen nur möglich, wenn eine Vorauswahl stattgefunden hat. Diese Filterfunktion soll die Personalisierung übernehmen. Demnach stellt die Personalisierung eine individuelle Gestaltung der Website dar. Der Benutzer soll nur mit den für ihn persönlich relevanten Informationen und den von ihm benötigten Anwendungen konfrontiert werden.

Dies kann aufgrund der Rolle oder des Profils des jeweiligen Benutzers geschehen. Das Profil eines Kunden kann auf zwei verschiedene Arten gebildet werden: 1. aus Daten, die er explizit angibt oder die dem Administrator des jeweiligen Portals bereits vorliegen und 2. aus Daten, die sich implizit, z.B. aus dem Surfverhalten, ergeben. Die Methode zur Erfassung solcher Daten nennt sich Data-Mining.

Um den Nutzer dann aufgrund dieser erfassten Daten von ihm bevorzugte Produkte, Informationen und Anwendungen anbieten zu können, verwendet man sogenannte regelbasierte Verfahren, d. h. diese Verfahren beruhen auf vorher festgelegten Regeln, wie zum Beispiel einer Zuordnung von Komplementärprodukten (Ergänzungsprodukten). Diese Verfahren können aufgrund von Filtermethoden verfeinert werden. Dabei werden Metadaten, also Alter, Wohnort, Status usw. des Anwenders, herangezogen, um mögliche persönliche Präferenzen abzuleiten.

3.4. Die Benachrichtigung

Das Portal soll zudem in der Lage sein, dem Benutzer für ihn relevante Signale zu übermitteln. Die Benachrichtigung, sprich Notifikation, ist deswegen eines der Elemente, die die Firma Ovum(A) in ihrer Marktstudie angibt.

Darunter versteht man eine automatisierte Technik, die den Benutzer bei der Unter- beziehungsweise Überschreitung von ihm definierten Parametern, d.h. relevanten Gesichtspunkten, benachrichtigt. Sie kann entweder zur Einhaltung gewisser Termine oder Etappenziele (zeitlich-eindimensional) dienen oder aber auch allgemein Geschäftsparameter zur Aufrechterhaltung von Geschäftsprozessen überwachen (allgemein-mehrdimensional).

3.5. Das Wissensmanagement

Diese bisher beschriebenen Funktionen machen aber nur in einem Umfeld geeigneter Informationen Sinn. Damit diese am geeigneten Ort und zur richtigen Zeit vorhanden sind, ist die fünfte Funktion der Portale notwendig, das Knowledge Management, die Wissensverwaltung.

Inner- und außerhalb eines Unternehmens wird täglich für den Portalnutzer relevantes Wissen erstellt. Durch die passende Strukturierung und individuelle Zuführung dieses Wissens wird ein kosten- und innovationsrelevanter Vorteil geschaffen.

Dabei werden Methoden aus dem Bereich des Daten- und Informationsmanagements herangezogen: Zum einen wird eine Funktion zur Verwaltung von Profilen von Nutzern und Interessengemeinschaften benötigt. Diese sollten nach Kenntnissen, Fähigkeiten und aktuellen Tätigkeitsfeldern strukturiert sein. Zum andern werden Funktionen zur Lokalisierung und Strukturierung des bereits existierenden Wissens benötigt. Dazu kann ein sogenannter Content-Katalog dienen, der eine Art Lageplan darstellt und ein Beziehungsgeflecht zwischen den Informationen verkörpern soll.

Durch solche "Wissensnetzwerke" gestaltet sich die Suche nach dem eigentlich Passenden einfacher und effektiver.

3.6. Der Arbeitsablauf

Ein weiterer Effizienzvorteil entsteht auch durch eine geeignete Arbeitsablaufgestaltung – dem sogenannten Workflow Management. Mit einem entsprechenden System wird asynchrone, d. h. nicht aufeinander abgestimmte, arbeitsteilige Gruppenarbeit koordiniert.

Eine einfache Aufgabe ist hier zum Beispiel die interne formalisierte Kommunikation eines Betriebes. Viel schwieriger gestaltet sich hier schon die automatische Zuteilung von Arbeiten und Aufgaben innerhalb einer Gruppe, die anhand des Status, der Auslastung und der Fähigkeiten des einzelnen Mitarbeiters geschehen soll.

Hier wird schon die Schwierigkeit bei der Modellierung und Wartung komplexer Arbeitsabläufe deutlich. Daher beschränkt sich diese Funktion oft nur auf Arbeitsabläufe mit hohem Routinegehalt, und es werden meist bestehende Lösungen ins Portal eingebunden anstatt diese neu zu implementieren, d.h. in Software umzusetzen.

3.7. Die Anwendungsintegration

Dies ist die siebte Funktion eines idealen Portals.

Thomas Schwarz(K) unterscheidet zwischen einer Integration auf der Kundenseite und einer auf der Serverseite.

Erstere beschränkt sich auf eine Darstellung verschiedener, voneinander unabhängiger Anwendungen. Da sich diese untereinander nicht beeinflussen ist diese Integration leicht umzusetzen.

Die Integration auf der Serverseite macht erstere überflüssig. Sie kann nur auf der Basis eines Web-Anwendungsservers erfolgen. Hier wird versucht, eine Middleware zu realisieren, die als einheitliche Schnittstelle gesehen wird und von der eigentlichen Systemplattform, dem Anwendungsserver, getrennt ist. Durch diese Abstrahierung kann das Portal auch jederzeit auf leistungsfähigere Systeme übertragen werden.

Dies kann durch einen Server geschehen, der sog. Servlets(23) verarbeitet, die den Aufbau dynamischer HTML-Seiten erlauben, oder aber durch die Verwendung von JSPs (Java Server Pages), die Websites entsprechend einem Java-Programm ändern.

Diese Möglichkeit der Anwendungsintegration ermöglicht auch die Entwicklung einer neuen Anwendungslogik, was aber keinen essentiellen Bestandteil von Portalen darstellt.

3.8. Die Infrastrukturdienste

Es fehlt nun nur noch eine Basis, auf der alle anderen Funktionen aufbauen. Dazu gehören z.B. der oben schon erwähnte Web-Anwendungsserver und sonstige Infrastrukturdienste. Diese Dienste machen erst einen Single-Sign-On möglich, d. h. dass sich der Nutzer nur einmal für alle angebotenen Dienste identifizieren muss. Diese Basisfunktion lässt alle oben genannten Funktionen zu einer Einheit werden, von der aus alle anderen verfügbar sind.

4. Analyse eines Portals am Beispiel von www.lycos.de - das Deutsche Internetportal von "Lycos Europe"

 

4.1. Die Unternehmensgeschichte

Nachdem nun Internetportale allgemein beschrieben worden sind, wendet sich der folgende Abschnitt der Arbeit einem der bisher erfolgreichsten Portale zu. Die Rede ist von der Firma Lycos.

Gegründet 1995 in Waltham, Massachusetts, USA, schaffte es das Unternehmen in kurzer Zeit, sich auch in Europa einen Namen zu machen. Im Januar 1997 führte Lycos mit der Bertelsmann-Tochter Telemedia eine Such- und Navigationsplattform in Deutschland ein. Es folgten daraufhin in kürzesten Abständen die Eintritte in die Internetmärkte verschiedener europäischer Länder.

Schließlich wurde im Januar 2000 die Firma Lycos Europe N.V. gegründet, die schon Ende desselben Jahres nach eigenen Angaben(L) das erfolgreichste Internetunternehmen Europas war.

Das ist natürlich nur ein Teil der Erfolgsgeschichte des weltweit agierenden Unternehmens, aber diese Analyse beschränkt sich auf das deutsche Portal von Lycos: www.lycos.de

4.2. Vorhandene Dienste und Marken

Neben der elementaren Navigationsfunktion durch die Plattform Lycos bietet das Portal weitere umfangreiche Dienstleistungen und Inhalte innerhalb der eigenen Marke und auch von Fremdanbietern an.

Dazu gehören:

1. Kommunikationsdienstleistungen wie E-mail, SMS, Chats, Newsgroups, Foren und Communities und auch Übersetzungsdienste;

2. Informationsangebote wie Suchmaschinen, Kataloge zu diversen Themengebieten, Landkarten, Routenplaner, Zeitungsrecherchen, Wettervorhersagen usw.;

3. zusätzlich noch Angebote eines Internet Service Providers, wie Webspace, d.h. Speicherplatz für die eigene Homepage und auch ein direkter Zugang zum Internet.

4.3. Analyse

Diese Breite an Informationen und Dienstleistungen lässt ganz klar erkennen, dass es sich hier um ein horizontale Portal handelt.

 

Was Lycos in den einzelnen Bereichen leistungsfähig erscheinen lässt, sind die unter der Dachmarke vereinten, sehr bekannten Einzelmarken, wie:

 

 

Trotzdem versucht Lycos im Informationsbereich eine gewisse Neutralität bei der Informationsübermittlung aufrecht zu erhalten. Gerade in Teilgebieten und Sparten geht Lycos Kooperationen mit Fremdanbietern ein, wie zum Beispiel in dem im Mai 2000 eingeführten Finanzportal finance.lycos.de.

Hier wurden Fremdleistungen von BOL und wallstreet:online integriert(D).

Die Personalisierung ist möglich. Unter http://mein.lycos.de kann man sich nach anfänglicher Registrierung über ein Formular (genannt "Control-Panel") die eigene Seite nach Inhalten (Anwendungen und Informationen), Design und Layout zusammenstellen, die man über manuelles Login oder durch Browser-Cookies(24), die eine automatische Identifikation zulassen, jederzeit wieder erreichen kann.

Demnach ist der Personalisierungsgrad von Lycos beeindruckend hoch.

Lycos stellt im Bereich der horizontalen Portale ein hoch personalisiertes Konsumentenportal dar. Durch eine angebotene Produktsuche, Kataloge zu verschiedenen Einkaufsbereichen und propagierten Sonderangeboten, wird die Konsumentenausrichtung sehr deutlich. Deswegen kann dieses Angebot im Bereich E-Commerce angesiedelt werden.

4.4. Funktionenbetrachtung

Um die Analyse dieses Portals in dieser Arbeit zu komplettieren, müssen schließlich noch die hier verwendeten Funktionen beschrieben werden.

Die Infrastrukturdienste, wie der Single-Sign-On und der quasi im Hintergrund arbeitende Anwendungsserver sind klar zu erkennen. Schon allein durch die bestehende Integration von Anwendungen wie dem Internetradio, dem Kalender oder der Börsenkursabfrage wird dies deutlich.

Zusätzlich zu den oben schon erwähnten Funktionen der Navigation und der Personalisierung wird die Funktion Content Management (Daten Integration) durch die verschiedenartigen Quellen der Suchmaschinen umgesetzt, während man eine Art des Knowledge Management in der redaktionellen Bearbeitung der in Themenbereiche zusammengefassten Kataloge oder in der Verwaltung sogenannter Newsgroups oder Communities – also der Interessengemeinschaften – sehen kann.

Workflowmanagement und Notifikation machen in einem Konsumentenportal wenig Sinn, wobei man sich letztere durchaus noch in einem ‚Aktienwatcher’ oder in einem persönlichen Kalender als umgesetzt vorstellen kann.

5. Die Zukunft von Internetportalen

 

Unbestritten hat sich mit den verschiedenen Internetportalen ein Konzept für die Verwendung und Präsentation von Informationen etabliert, das innovativ, flexibel, effizient und übersichtlich ist. In vielen Anwendungsbereichen des Computers sind Portale nicht mehr wegzudenken.

Doch nicht alle Portale besitzen Alleinstellungen wie die meisten der sogenannten B2B- oder B2E- Portale. Vor allem auf dem Markt der Consumer-Portale herrscht grosser Konkurrenzdruck, sei es im horizontalen oder vertikalen (Finanzportale) Bereich. Gerade die Flexibilität des Internets, sich schnell neuen Gegebenheiten im täglichen und im beruflichen Leben anzupassen, lässt es hier kaum möglich erscheinen, durch Alleinstellung den Kampf um den Werbegelder bringenden Nutzer zu gewinnen.

Doch langfristig müssen selbst die Portalbetreiber der sogenannten ‚New-Economy’ Gewinne einfahren, was bis heute nur dem Marktführer Yahoo! und in Ansätzen dem T-Online Portal geglückt ist (im deutschen Geschäft, im 3. Quartal 2001, vor Steuern)(E).

Die erste Konsolidierungsphase nach dem High-Tech-Boom ließ sieben große Anbieter auf dem europäischen Markt als Gewinner erscheinen: die europäischen Anbieter T-Online, Wanadoo, Tiscali und Lycos Europe konkurrieren mit den großen amerikanischen Anbietern AOL Time Warner, Yahoo und MSN (Microsoft Network).

Doch um in die Gewinnzone zu kommen müssen die Anbieter versuchen, neue Einnahmequellen zu erschließen. Möglich erscheint dies nur mit Mehrwertdiensten und Transaktionen verbunden mit sogenannten Micro-payment-Systemen, die eine sofortige Abrechnung mit dem Nutzer erlauben sollen.

Es existiert nur ein Problem: Internetnutzer sind nur beschränkt bereit, für Dienstleistungen im Netz Geld zu bezahlen, laut einer Marktstudie(D) auch nur, wenn das jeweilige Unternehmen über einen starken Markennamen verfügt.

Analysten ziehen heute Kriterien wie die Anzahl der Nutzer und vor allem deren Verweildauer auf der jeweiligen Seite heran, um die Möglichkeit eines zukünftigen Erfolges abzuleiten. Daher erweist sich AOL mit einer festen Kundenbeziehung als Klassenprimus, während MSN wohl durch ihre Muttergesellschaft und von deren Markennamen profitiert und der Erfolg von T-Online vor allem auf die Popularität auf dem deutschen Markt zurückzuführen ist.(E)

Klar abzeichnen wird sich eine Verringerung der Anbieter, wobei die Qualität der Angebote steigen und sich das Konzept als solches überlebensfähig zeigen dürfte.

 

Legende

 

(1)Advanced Research Projects Agency

(2)Weltweites dezentrales Computernetzwerk

(3)eine Domain ist der zugeordnete Name zu der IP-Nummer einer Website. Die IP-Nummer, ähnlich zu einer Telefonnummer, identifiziert die Website eindeutig im Internet.

"...Domain-Namen erleichtern das Identifizieren von Internet-Adressen, indem Internet-Ressourcen umgangssprachlichen Bezeichnungen zugeordnet werden (das übernimmt der DNS – Domain Name Service)..." www.glossar.de

(4)www.t-online.de

(5)Microsoft Network www.msn.com

(6) www.yahoo.com bzw. www.yahoo.de

(7)www.lycos.com

(8)Synonym zu Internet-Portal

(9)File Transfer Protocol – ein Protokoll, welches es ermöglicht rechnerunabhängigen Dateitransfer durchzuführen

(10)TelNet – Mit TelNet kann man auf Rechnern im Netz so arbeiten, als ob die eigene Tastatur und das eigene Terminal direkt am entfernten Rechner angeschlossen wären

http://www.ask.uni-karlsruhe.de/books/inetbuch/node44.html#SECTION00710000000000000000

(11)BTX – ein Nachfolger des bekannten Videotextes. Er benützt dazu aber nicht die Kabelnetze, sondern die Telefonnetze. Zudem existieren beim BTX Möglichkeiten zur Interaktion

(12)Stichworte, die im Kopf einer HTML-Quelldatei stehen und deren Inhalt zusammenfassen sollen . MetaTags werden von Suchmaschinen zur Suche verwendet!

(13) "...Ein Banner ist ein Spruchband, ein Transparent oder eine Balkenüberschrift; es kombiniert im INTERNET eine grafische Werbung mit einem Hyperlink zu der beworbenen Site. ..." www.glossar.de

(14)www.infoseek.com bzw. www.infoseek.de

(15)www.excite.com bzw. www.excite.de

(16)communitiy – engl. für Gemeinschaft

(17) "...als Browser werden Programme bezeichnet, welche Daten aus dem weltweiten Netz (von HTTP-Server) abrufen und dann am heimischen Computer (Client) verarbeiten und anzeigen können. ..."(Quelle: www.glossar.de)

(18) "...Optisch hervorgehoben, dient ein Link - auch Hyperlink genannt - als Querverweis zu einem anderen Dokument innerhalb des eigenen Servers oder auf Fremdangebote. ..." www.glossar.de

(19)Konsumentenportale

(20)Einkaufsportale

(21) workflow = Arbeitsablauf

(22)employee = Angestellte/r

(23)Servlets sind während einer Session beständige Applets auf der Web-Server-Seite, und werden zu Interaktion Server – Client (Webbrowser), zum Sessionmanagement, benötigt.

(24) Ein Cookie ist ein Keks (engl.) bzw. im Internet-Umfeld eine kleine Datei, die lokal auf dem Rechner der surfenden Person abgelegt wird und in der Informationen abgespeichert werden, die im Zusammenhang mit der aktuellen Web-Site stehen

 

Quellenverzeichnis

 

 

 

(A)"Portal total" - eNews Magazin 2/2002

(B)"Internetportale" – Schwelle/Schneider/Träger – FH Brandenburg 10.11.2000

(C)"Web-Portale – Stand und Entwicklungstendenzen – Arbeitspapier Nr.4/1999 – Uni Mainz

(D)"Finanzportale Privatkunden" – Forit; November 2000

(E)FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung 21.12.2001 Nr.297 Seite 25

(F)http://de.jupitermmxi.com/home.jsp

(G)http://www.stud.uni-goettingen.de/~kmoschn/portal.htm

(H)http://www.isc.org

(I)www.webagency.de/infopool/internetwissen/ak981123.htm

(J) InformationWeek – Magazin zum Thema IT-Management Ausgabe 15/2000; 15.06.2000

(K)"Portale"–Diplomarbeit Thomas Michael Schwarz–Fakultät f. Informatik Uni Ulm (03/01)

(L) http://pressroom.lycos.de/de/