(für eine kurze Übersicht über das entstandene Informationssystem empfiehlt sich dieser Link hier)
(Die Folien meines Promotionsvortrags vom 27.05.97 kann man sich hier ansehen)


Inhaltsverzeichnis:

 "EDV-gestützte Qualitätssicherung im Bereich der pädiatrischen Diabetologie"


1
1.1
1.2


2
2.1
2.2
2.3
2.3.1
2.3.2
2.3.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
2.9
2.9.1
2.9.2
2.9.3
2.9.4
2.10
2.11
2.11.1
2.11.2
2.11.3

3
3.1
3.2
3.3
3.4
3.4.1
3.4.2
3.4.3
3.4.4
3.4.5
3.5
3.6

4
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
4.8
4.8.1
4.8.2
4.8.3
4.8.3.1
4.8.3.2
4.8.3.3
4.8.3.4
4.8.3.5
4.8.3.6
4.8.4
4.8.5

5
5.1
5.1.1
5.1.2
5.1.2.1
5.1.2.2
5.1.2.3
5.1.3
5.1.3.1
5.1.3.2
5.1.3.3
5.2
5.2.1
5.2.2
5.2.2.1
5.2.2.2
5.3
5.4
5.4.1
5.4.2
5.4.3
5.5
5.5.1
5.5.2
5.5.2.1
5.5.2.2
5.6

6








Einleitung
Der Wunsch und der Weg
Die Etappen und das Ziel


Qualitätsmanagement in der Medizin
Einleitung
Was ist Qualität?
Warum Qualitätssicherung in der Medizin?
Anforderungen „von innen“
Anforderungen „von außen“
Nutzen der Qualitätssicherung als „Erfüllung von Anforderungen“
Gesetzliche Grundlagen für die Qualitätssicherung in der Medizin in Deutschland
Dimensionen der Qualität
Der Qualitätszyklus nach Deming
Methodische Anforderungen an Qualitätsindikatoren
Ein kurzer geschichtlicher Abriß über die Entwicklung der Qualitätssicherung
Überblick über die Qualitätssicherungsmaßnahmen in der Medizin
Standards
Tracer
Vom impliziten Standard zum Medical Audit
Qualitätssicherung am Beispiel der Perinatalerhebung (Totalerhebung)
Die medizinische Qualitätssicherung im Unternehmen Krankenhaus
Qualitätsmanagement in der Industrie
Zertifizierung von Industrieunternehmen nach ISO 9000 ff.
Zertifizierung von Krankenhäusern nach ISO 9000 ff.
Total Quality Management

Diabetes mellitus
Einleitung
Der Krankheitsbegriff
Häufigkeit und Typen der Krankheit
Therapie und Verlauf beim Typ-I-Diabetes
Heutige Formen der Insulintherapie
Zukünftige Formen der Insulintherapie
Krankheitsverlauf beim Typ-I-Diabetes
Kontrolle des Blutzuckerspiegels
Der HbA1c-Verlauf in unterschiedlichen Krankheitsstadien
Therapie- und Krankheitskosten
Qualitätssicherungsansatz bei (erwachsenen) Typ-I-Diabetikern

Das Ulmer Diabetes-Informationssystem: Übersicht und Datenmodell
Einleitung
Die Entstehungsgeschichte
Prototyp oder ausgereiftes Programm?
Vorgaben und Ziele für das Programm aus Sicht der Anwender
Die verwendete Datenbanksoftware
Evolutionäre Softwareentwicklung
Im Rahmen der Dissertation entstandene Progammversionen
Das Datenmodell
Das ER-Diagramm für die Patientendaten
Anmerkung zum ER-Diagramm
Beispiele für die Umsetzung des ER-Diagramms in Tabellen
Die Tabelle „Untersuchung“
Klassifikation nach ICD-10: die Tabelle „Akute Erkrankungen“
Umsetzung der Is-A-Beziehung bei „Ambulante Untersuchung“
Zusätzliche Daten bei einer stationäre Aufnahme
Daten der einzelnen stationären Tage
Benutzerdefinierte Entitäten und die Umsetzung in Tabellen
Tabellen für das Qualitätsmonitoring einer Ambulanz
Tabellen für den externen Vergleich verschiedener Ambulanzen

Ausgewählte Beispiele der Implementierung
Tabellarische Zusammenfassungen der Patientendaten
SDS-Werte von Gewicht, Größe und BMI
Bewertung des HbA1c-Verlaufs eines Patienten
Vorbereitende Berechnungen
Berechnung des Medians für den zu bewertenden Patienten
Diskussion des Ergebnisses
Eichverfahren für den HbA1c-Wert
Multiple of the Mean
Standard Deviation Score (SDS)
Transformation für unterschiedliche Labormittelwerte
Grafische Darstellung der Patientendaten
Motivation
Berechnung der Kernschätzerkurven
Aufbau des Programms und die Datenübergabe
Die Kernschätzermethode
Der Arztbriefgenerator
Patientendatenaustausch zwischen verschiedenen DPV-Datenbeständen
Datenexport und Re-Import
Gleichzeitige Datenhaltung auf mehreren Rechnern einer Klinik
Datenaustausch zwischen verschiedenen Kliniken
Qualitätsmonitoring: Deskriptive Statistiken und der Wilcoxon-Test
Qualität der Dateneingabe
Einsatz des Wilcoxon-Tests bei der Statistik „Schulungserfolg“
Implementierung des Wilcoxon-Tests
System-immanenter Fehler durch multiples Testen
QS-DPV: Möglichkeit eines externen Qualitätsvergleiches

Zusammenfassung und Ausblick

Anhang A – Attribute und Tabellen der Patientendaten
Anhang B – die Tabellen des Qualitätsmonitoring
Anhang C – Qualitätssicherungsstatement der Pädiatrischen Diabetologie
Anhang D – Literaturverzeichnis
Anhang E – Verzeichnis der Abbildungen
Anhang F – Verzeichnis der Tabellen
Anhang G – Verzeichnis der Abkürzungen

1 Einleitung

1.1 Der Wunsch und der Weg

Am Anfang dieser Arbeit standen ... die Aktenberge in der Diabetesambulanz der Ulmer Kinderklinik und der Wunsch des dortigen Diabetesteams, der Datenflut, die im Laufe der Behandlung dieser chronischen Krankheit durchwühlt werden muß, „Herr“ zu werden: Arztbriefe und Patienteneinladungen für Schulungen müssen regelmäßig verschickt werden, für die ambulanten Termine sollen die Patientenakten herausgesucht und vorbereitet sein, Laboruntersuchungen danach wieder eingeordnet werden. Hinzu kommen die Probleme mit den unvollständigen oder gar unauffindbaren Patientenakten, den unleserlichen Laborzetteln und den Anfragen wegen noch nicht versandter Arztbriefe und zu guter Letzt noch Forderungen nach Qualitätssicherungsmaßnahmen auf Ambulanzebene. Die Worte „Qualitätssicherung“ und „Leistungsstatistik“ sind in aller Munde. Doch wer nur einmal versucht hat, sich aus der bis zu 10 cm dicken Krankenakte eines Langzeitpatienten mit Typ-I-Diabetes einen Überblick über dessen Krankheitsverlauf zu verschaffen, versteht, daß viele retrospektive medizinische Doktorarbeiten (früher) für aufwendige Aktenanalysen vergeben werden konnten. Und er scheitert an dem Vorhaben, sich fortlaufend einen kompletten Überblick über die Ambulanz zu verschaffen.

Für die Informatiker und Diplomanden der Sektion Angewandte Informationsverarbeitung und den Verfasser dieser Dissertation waren obige „Zustände“ sowie der herangetragene Wunsch der Mediziner nach Bewältigung eine große Herausforderung von Anfang an. Manche methodisch reinen Ziele mußten dem Wunsch nach praxisnahen Lösungen (auf einem zuerst sehr leistungsschwachen Personal Computer) geopfert werden. Die Stabilität eines UNIX-Systems ist gegenüber einem PC mit Windows unbezahlbar . Doch ist das leider auch der Grund der seltenen Verbreitung von UNIX in den Kliniken ... Zerlegungen der Relationen in einwandfreier 3. Normalform mußten aufgrund der Performance eines Intel 80386ers wieder verworfen werden. Fehlende Unterstützung von Nullwerten in der PC-Datenbanksoftware führt bis heute immer wieder zu notwendigen Änderungen in der Datenstruktur, falls bemerkt wird, daß bei einer neu gewünschten Statistik über das entsprechende Feld auch die nicht-eingetragenen Werte ausgewertet werden sollen.

Wird mit dem Einsatz von Computern und Datenbanken „alles besser“? Nein, sicher nicht, nur erst einmal „anders“. Manches wird definitiv einfacher. Kollege Computer übernimmt zwar nicht die Dateneingabe, aber dafür die Auswertung und Ausgabe in jeglicher gewünschter Form – und leserlich. Er ist zwar ab und zu auch „krank“ (von „Viren“ befallen) oder gar mal „abgestürzt“ (launisch – aber nie schlecht gelaunt!), liefert jedoch nach entsprechender Fütterung mit Leichtigkeit retrospektive Analysen, für die früher eben noch ein Doktortitel fällig gewesen wäre.

1.2 Die Etappen und das Ziel

Vorläufiges und erstes Ziel war die Implementierung einer Forschungsdatenbank, die auch den Routineablauf in der Ambulanz unterstützen sollte. Daß das vorliegende Ergebnis - das Ulmer Diabetesinformationssystem DPV - wesentlich mehr ist, als nur eine kleine Datenbankapplikation, die durch Anpassung von Standardsoftware entstanden ist, wird in der vorliegenden Arbeit dargelegt.

Der anfängliche Gedanke, ein Ambulanzsystem speziell für die Ulmer Typ-I-Diabetikerbetreuung zu schaffen, wurde bald auf eine Mitbenutzungsmöglichkeit für andere Kinderkliniken ausgedehnt. So kamen mit Bonn, Hamburg und Chemnitz drei weitere Kliniken als feste Partner in einem Projekt hinzu, das vom Bundesministerium für Gesundheit in den Jahren 1993 bis 1995 gefördert wurde. Der Wunsch nach einem Informationssystem, das den Ablauf an verschiedenen Kinderkliniken bezüglich der Diabetikerbetreuung abdeckt, wurde sehr bald auf die Frage nach einer standardisierten Betreuung und Dokumentation erweitert. Anfang 1995 wurde als Konsens und weitere Arbeitsgrundlage das Qualitätssicherungsstatement in der pädiatrischen Diabetologie (Anhang C) im Rahmen der Deutschen Diabetes-Gesellschaft verabschiedet. DPV umfaßt die komplette Umsetzung des Statements bezüglich standardisierter Datenerfassung und Qualitätsmonitoring.

Anders als der zentralistische DIABCARE-Ansatz in der Erwachsenendiabetologie ([Pietsch-Breitfeld94] und [Piwernetz95]) waren für das Qualitätsmonitoring die Möglichkeit der Durchführung von lokalen deskriptiven Statistiken gewünscht. Dies umgeht den langwierigen und nicht unumstrittenen Weg ([Risse96]) des Einsendens der Daten an zentrale Instanzen. Daß dann Mitte 1996 ein erster Vergleich der Ergebnisse von 23 der ca. 50 Kinderkliniken, die inzwischen DPV einsetzen, durchgeführt werden konnte, war nur ein konsequenter Schritt in Richtung externer Qualitätsvergleich, wie er vom Gesetzgeber gefordert wird.

In Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit wird ein grundlegender Überblick über die aktuellen Qualitätssicherungsmaßnahmen in der Medizin gegeben, damit die Funktionalität und der Stellenwert von DPV in der Landschaft des Qualitätsmanagements eingeordnet werden können.

Kapitel 3 gibt einen Einblick in den Verlauf der chronischen Krankheit Diabetes mellitus Typ-I, Langzeitprognosen, gängige Therapieformen und einige Ergebnisse, die anhand der Ulmer Daten gewonnen werden konnten.

Kapitel 4 enthält eine Einführung in die Entwicklung des Ulmer Diabetesinformationssystems und stellt das zugrundeliegende Datenmodell vor.

In Kapitel 5 finden sich ausgewählte Aspekte der Implementierung, wie z.B. eingesetzte Kernschätzerverfahren und ein Bewertungsverfahren für den HbA1c-Wert.

Kapitel 6 rundet die vorliegende Arbeit durch eine Zusammenfassung der Ergebnisse sowie einen Ausblick auf geplante Weiterentwicklungen ab.


6 Zusammenfassung und Ausblick

Die aktuelle Diskussion im bundesdeutschen Gesundheitswesen wird von den Themen Qualitätssicherung in der Medizin und Bezahlbarkeit der medizinischen Leistungen dominiert. Während für die Finanzierung des Gesundheitswesens noch nach ethisch akzeptierbaren und sozialverträglichen Lösungen gesucht werden muß, ist es für den Bereich Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement möglich, Lösungen und Techniken aus dem Bereich der Industrie für die medizinische Versorgung zu übernehmen und ggf. zu adaptieren. In Kapitel 2 wurde gezeigt, daß es Bereiche in der Medizin gibt, in denen bereits klar umschriebene Standards und Leitlinien für die Behandlung der Patienten existieren. Für diese Bereiche ergibt sich die Möglichkeit, die Qualität der medizinischen Versorgung über geeignete Qualitätsindikatoren darzustellen und zu überwachen. Die chronische Krankheit Diabetes mellitus Typ-I gehört zumindest im Bereich der Kinder und Jugendlichen zu diesen Sparten der Medizin. In Anhang C findet sich das 1995 verabschiedete Statement der Arbeitsgemeinschaft pädiatrische Diabetologie, auf das die Qualitätssicherung aufbauen kann. Überwachung und Darstellung der Behandlungsqualität sind nur durch eine standardisierte Dokumentation der Patientenversorgung möglich. Diese Möglichkeiten bietet das Ulmer Diabetes-Informationssystem DPV. Es deckt mit seinem Funktionsumfang die folgenden Bereiche ab (Kapitel 4 und 5):

Die weite Verbreitung von DPV an über 50 deutschen Kinderkliniken und über die Bundesgrenzen hinaus zeigt die Akzeptanz und die Notwendigkeit eines solchen Informationssystems für die Behandlung chronisch Kranker. Da es bisher im Bereich der Erwachsenendiabetologie kein ähnlich umfassendes Computerprogramm gibt, wird eine stärkere Anpassung von DPV auf die Dokumentation der Behandlung erwachsener Patienten mit Typ-I-Diabetes geplant. In einem Pilotvertrag zwischen der BKK in Niedersachsen und den dortigen Diabeteszentren ist DPV bereits als Dokumentationsprogramm bzw. zum Nachweis von Qualitätssicherungsmaßnahmen sowohl im Bereich Kinder- und Jugendliche wie auch Erwachsene vorgeschrieben.

Um eine Vernetzung der an der Behandlung beteiligten medizinischen Versorgungseinrichtungen (Krankenhäuser und niedergelassene Diabetologen) noch besser zu unterstützen, wird an den Einsatz von DPV zusammen mit Intranet- und Internet-Technologien gedacht. Dies beträfe sowohl den Bereich des Datenaustauschs bei Betreuung eines Patienten in mehreren Ambulanzen wie aber auch die Zusammenführung und Auswertung der Daten für eine externe Qualitätssicherung. So wäre es z. B. denkbar, zentrale Anlaufstellen für einen externen Qualitätsvergleich auf Landes- bzw. Bundesebene analog zur Perinatalerhebung einzuführen und die Datenzusammenführung wie auch die Weiterleitung der Ergebnisse via Internet-Technologie durchzuführen. Eine Integration von DPV in vorhandene bzw. im Aufbau befindliche Krankenhausinformationssysteme (KIS) wird vor allem durch die Übernahme von Labordaten und den Abgleich von Patientenstammdaten realisiert werden. Natürlich wäre hier auch ein Zugriff von anderen Abteilungen (Chirurgie, HNO etc.) auf die Daten der Diabetesambulanz via Intranet oder Datenaustauschprotokollen wie HL7 oder DICOM möglich. Eine Anbindung von DPV an ein KIS via HL7 wurde bereits in der Diplomarbeit [Sack95] untersucht und beschrieben.

Bei der 1996 durchgeführten Pilotstudie ([Holl97a] und [Holl97b), an der sich 23 bundesdeutsche Kinderkliniken beteiligten, die DPV einsetzen, kamen Daten von über 2400 Patienten zusammen. Allein in der Ulmer Kinderklinik liegen bereits ca. 13.000 Datensätze von über 600 betreuten Patienten vor. Durch eine Zusammenführung der Datenbestände würden flächendeckende Erkenntnisse über die Betreuung von Patienten mit Typ-I-Diabetes gewonnen. Es entständen somit völlig neue Möglichkeiten, beispielsweise auf dem Forschungsgebiet der Epidemiologie. Lohnenswert wäre bei einer Auswertung der Daten auf Bundesebene auch der Einsatz neuer statistischer und informatorischer Verfahren und Technologien, wie Knowledge Discovery in Databases (KDD) bzw. Data Mining . Denkbare Resultate des Data Mining wären hier die Endeckung neuer Zusammenhänge sowohl im Krankheitsverlauf von Patienten mit Typ-I-Diabetes wie auch bezüglich der Validierung der eingesetzen Therapieverfahren.


Die durch DPV mittelbar und unmittelbar gewonnenen Ergebnisse mögen in erster Linie helfen, die Betreuungsqualität von Patienten mit Typ-I-Diabetes flächendeckend sicherzustellen und zu verbessern! Dies liegt im Sinne des einzenen Patienten, des behandelnden Arztes und nicht zuletzt im Sinne der Informatiker, die das System in Teamarbeit mit den Medizinern entworfen und entwickelt haben.