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Verteilungsfunktion; absolutstetige Zufallsvariable

Sei $ (\Omega ,\mathcal{F},P)$ ein beliebiger Wahrscheinlichkeitsraum und $ X:\Omega\to\mathbb{R}$ eine beliebige Zufallsvariable.

Definition 3.5
$ \;$ Die Funktion $ F_{X}:\mathbb{R}\rightarrow [0,1]$ mit $ F_{X}(x)= P (X\leq x)$ heißt Verteilungsfunktion von $ X$.
Eigenschaften von Verteilungsfunktionen
 
  1. Asymptotisches Verhalten im Unendlichen: $ F_X(-\infty )=\underset {x\rightarrow -\infty }{\lim
}F_X(x)=0\,,\quad
F_X(\infty )=\underset {x\rightarrow \infty }{\lim }F_X(x)=1$
  2. Monotonie: $ F_X(x)\leq F_X(x+h)\qquad\forall x\in \mathbb{R}\textrm{ und }h\geq 0$
  3. Rechtsstetigkeit: $ F_X(x)$ ist rechtsseitig stetig, d.h. für jede Folge $ \left\{ h_{n}\right\}$ mit $ h_{n}\geq 0$ und $ \underset {n\rightarrow \infty }{\lim }h_{n}=0$ gilt

    $\displaystyle \underset {n\rightarrow \infty }{\lim }F_X(x+h_{n})
=F_X(x)\qquad\forall x\in \mathbb{R}\,.$

Beachte
 
  1. Mit Hilfe der Verteilungsfunktion $ F_{X}$ lassen sich auch die folgenden Wahrscheinlichkeiten ausdrücken

    $\displaystyle P(a\leq X\leq b),\quad P(a<X\leq b),\quad P(a<X<b),\quad P(a\leq X<b),$

    denn es gilt beispielsweise
    $\displaystyle P(a\leq X\leq b)$ $\displaystyle =$ $\displaystyle P(\{X\leq b\}\setminus\{ X<a\})$  
      $\displaystyle =$ $\displaystyle P(X\leq b)-P(X<a)$  
      $\displaystyle =$ $\displaystyle F_X(b)-\underset{h\downarrow 0}{\lim}F_X(a-h)\,.$  

  2. Im allgemeinen gilt jedoch nicht $ F(a)=\underset{h\downarrow
0}{\lim}F_X(a-h)$.
  3. Für die Verteilungsfunktion $ F_{X}$ einer diskreten Zufallsvariable $ X$ gilt für jedes $ x\in\mathbb{R}$:
    $\displaystyle F_{X}(x)$ $\displaystyle =$ $\displaystyle P(X\leq x)$  
      $\displaystyle =$ $\displaystyle P\Bigl(\bigcup\limits_{k:\, x_{k}\leq x}
\{ X=x_{k}\} \Bigr)$  
      $\displaystyle =$ $\displaystyle \sum\limits_{k:\, x_{k}\leq x}
P( X=x_{k})$  
      $\displaystyle =$ $\displaystyle \sum\limits _{k:\,x_{k}\leq x}p_k\,,$  

    wobei $ p_k=P(X=x_k)$.
  4. Die Verteilungsfunktion $ F_{X}$ einer diskreten Zufallsvariablen $ X$ ist eine sogenannte Treppenfunktion, d.h. eine stückweise konstante Funktion mit der Sprunghöhe $ p_k $ im Punkt $ x_k $.

Definition 3.6
$ \;$ Die Zufallsvariable $ X:\Omega\to\mathbb{R}$ (bzw. ihre Verteilung) heißt absolutstetig, falls die Verteilungsfunktion $ F_X$ von $ X$ die folgende Integraldarstellung

$\displaystyle F_{X}(x)=\int\limits _{-\infty }^{x}f_X(y)\, dy\qquad \forall x\in\mathbb{R}$ (3)

besitzt, wobei $ f_X:\mathbb{R}\to[0,\infty)$ eine (integrierbare) Funktion mit nichtnegativen Werten ist, die Dichte (bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte) von $ X$ genannt wird.
Beachte
 
  1. Die Verteilungsfunktion $ F_X$ (und damit auch die Verteilung $ P_X$) einer absolutstetigen Zufallsgröße $ X$ wird eindeutig durch die Dichte $ f_X$ bestimmt.
  2. Bei vielen Anwendungen ist die Dichte $ f_X$ eine (zumindest stückweise) stetige Funktion. Das Integral in der Definitionsgleichung (3) ist dann ein gewöhnliches Riemann-Integral.
  3. Falls $ X$ absolutstetig ist, dann hat die Verteilungsfunktion $ F_X$ keine Sprünge, d.h., $ F_{X}$ ist eine (im üblichen Sinne) stetige Funktion. Hieraus folgt insbesondere, daß

    $\displaystyle P(X=x)=0 \qquad\forall x\in\mathbb{R}\,.$ (4)

    Beweis von (4).$ \;$ Es gilt
    $\displaystyle P(X=x)$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \lim _{h\downarrow 0}P(x-h<X\leq x+h)
=\lim _{h\downarrow 0}(P(X\leq x+h)-P(X\leq x-h))$  
      $\displaystyle =$ $\displaystyle \lim _{h\downarrow 0}( F_{X}(x+h)-F_{X}(x-h))
=\lim _{h\downarrow 0}F_{X}(x+h)-\lim _{h\downarrow 0}F_{X}(x-h)$  
      $\displaystyle =$ $\displaystyle F_{X}(x)-F_{X}(x)=0\,.$  

  4. Die Verteilungsfunktion $ F_X$ einer absolutstetigen Zufallsvariablen $ X$ ist jedoch im allgemeinen nicht überall differenzierbar. Und zwar ist $ F_X$ dort nicht differenzierbar, wo die Dichte $ f_X$ Sprungstellen hat.
Beispiele
$ \;$ Um die Verteilung einer absolutstetigen Zufallsvariable $ X$ zu beschreiben, genügt es, die Dichte $ f_X$ zu betrachten, weil durch $ f_X$ die Verteilungsfunktion $ F_X$ und damit auch die Verteilung $ P_X$ von $ X$ eindeutig bestimmt wird.
  1. Normalverteilung N $ (\mu,\sigma^2)$ mit den Parametern $ \mu\in\mathbb{R}$ und $ \sigma^2>0$:

    $\displaystyle f_X(x)=\frac{1}{\sigma \sqrt{2\pi }} \exp \left(\displaystyle-\frac{(x-\mu )^{2}}{2\sigma ^{2}}\right)\qquad\forall x\in\mathbb{R}$ (5)

    Spezialfall: Standardnormalverteilung N$ (0,1)$. Dann nimmt die Dichte $ f_X(x)$ in (5) die folgende Form an:

    $\displaystyle f_X(x)=\frac{1}{\sqrt{2\pi }}\exp \left(\displaystyle -\frac{x^{2}}{2}\right)\qquad\forall x\in\mathbb{R}$ (6)

  2. Exponentialverteilung Exp$ (\lambda)$ mit Parameter $ \lambda>0$:

    $\displaystyle f_X(x)=\left\{ \begin{array}{ll} \lambda e^{-\lambda x}, &
\mbox{falls $x\geq 0$}\\  0\,, & \mbox{falls $x<0$}
\end{array}\right.
$

  3. Gleichverteilung U$ (a,b)$ mit den Parametern $ a,b\in\mathbb{R}$, wobei $ a<b$:

    $\displaystyle f_X(x)=\left\{ \begin{array}{ll}\displaystyle
\frac{1}{b-a}\;, & \mbox{falls $a\leq x\leq b$}\\  0 & \mbox{sonst}
\end{array}\right.
$

Beachte
 


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Roland Maier 2001-08-20