Verbundene Stichproben

• Die in Abschnitt 3.3.2 gemachte Modellannahme, dass $(X_{11},\ldots,X_{1n_1})$ und $(X_{21},\ldots,X_{2n_2})$ unabhängige Zufallsstichproben sind, ist manchmal unrealistisch.
• Betrachten beispielsweise die folgende Tabelle der Körpergrößen $x_{11},\ldots,x_{1\,12}$ einer (konkreten) Stichprobe von 12 Müttern und der Körpergrößen $x_{21},\ldots,x_{2\,12}$ ihrer ältesten Töchter.
  
  

  $x_{1i}$	1.65	1.63	1.67	1.64	1.68	1.62	1.70	1.66	1.68	1.67	1.69	1.71
  $x_{2i}$	1.68	1.66	1.68	1.65	1.69	1.66	1.68	1.65	1.71	1.67	1.68	1.70

  
  
  
• Aus dieser Tabelle ist ersichtlich (und dies stimmt mit unserer Intuition überein), dass vermutlich ein Zusammenhang zwischen den Körpergrößen $x_{11},\ldots,x_{1\,12}$ der Mütter und den Körpergrößen $x_{21},\ldots,x_{2\,12}$ ihrer ältesten Töchter besteht.
• In diesem Fall ist es nicht sinnvoll anzunehmen, dass $(x_{11},\ldots,x_{1\,12})$ und $(x_{21},\ldots,x_{2\,12})$ die Realisierungen von zwei unabhängigen Zufallsstichproben $(X_{11},\ldots,X_{1\,12})$ bzw. $(X_{21},\ldots,X_{2\,12})$ sind.

Dies führt zum Begriff verbundener Stichproben, der in dem folgenden Beispiel erläutert wird, in dem wir ein Konfidenzintervall für die Differenz der Erwartungswerte von verbundenen Stichproben herleiten.

• Betrachten die Zufallsvektoren $X_1,\ldots,X_n$ mit $X_i=(X_{1i},X_{2i})$, wobei $X_1,\ldots,X_n$ (so wie bisher stets angenommen) unabhängig und identisch verteilt seien.
• Die (einzelnen) Zufallstichproben $(X_{11},\ldots,X_{1n})$ und $(X_{21},\ldots,X_{2n})$ müssen jedoch jetzt nicht unabhängig sein, weshalb man von verbundenen Stichproben spricht.
• Wir nehmen an, dass ${\mathbb{E}\,}X_{1i}=\mu_1$ und ${\mathbb{E}\,}X_{2i}=\mu_2$ für (unbekannte) $\mu_1,\mu_2\in\mathbb{R}$.
• Außerdem seien die Differenzen $Y_1,\ldots,Y_n$ mit $Y_i=X_{1i}-X_{2i}$ unabhängige und identisch (normal-) verteilte Zufallsvariablen mit $Y_i\sim$ N $(\mu_1-\mu_2,\sigma^2)$ für ein (unbekanntes) $\sigma^2>0$, d.h., $\theta=(\mu_1-\mu_2,\sigma^2)$.
• Die gleichen Überlegungen wie in Abschnitt 3.2.1 ergeben nun, dass für jedes $\alpha\in(0,1)$

  $$P_\theta\Bigl(-t_{n-1,1-\alpha/2}\le\frac{\sqrt{n}(\overline Y_n-(\mu_1-\mu_2))}{S_{Y,n}}\le t_{n-1,1-\alpha/2}\Bigr)=1-\alpha$$ (28)

  
  
  bzw.
  $$P_\theta\Bigl(\overline Y_n-t_{n-1,1-\alpha/2}\frac{S_{Y,n}}{\sq... ...e\overline Y_n+t_{n-1,1-\alpha/2}\frac{S_{Y,n}}{\sqrt{n}} \Bigr)=1-\alpha\,,$$
  wobei $\overline Y_n=\frac{1}{n}\sum\limits _{i=1}^n Y_i$ und $S_{Y,n}^2=\frac{1}{n-1}\sum\limits _{i=1}^n (Y_i-\overline Y_n)^2$.
• Also ist mit

  $$\underline\theta(X_1,\ldots,X_n)=\overline Y_n-t_{n-1,1-\alpha/2}\frac{S_{Y,n}}{\sqrt{n}} \qquad \overline\theta(X_1,\ldots,X_n)=\overline Y_n+t_{n-1,1-\alpha/2}\frac{S_{Y,n}}{\sqrt{n}}$$ (29)

  
  
  ein (symmetrisches) Konfidenzintervall $\bigl(\underline\theta(X_1,\ldots,X_n),\overline\theta(X_1,\ldots,X_n)\bigr)$ für $\mu_1-\mu_2$ zum Niveau $\gamma=1-\alpha$ gegeben.

Beachte

 

• Für die oben betrachtete (konkrete) Stichprobe $(x_1,\ldots,x_{12})$ der Körpergrößen von 12 Müttern und ihrer ältesten Töchter gilt
  $$\overline y_{12}=- 0.0092\,,\qquad s^2_{y,12}=0.00039$$   bzw.$$\quad s_{y,12}=0.0197\,.$$

• Für $\gamma=0.95$ entnehmen wir das Quantil $t_{11,0.975}=2.201$ aus Tabelle 3
• und erhalten
  

  $$\underline\theta(x_1,\ldots,x_{12}) =\overline y_{12}-t_{11,\, 0.975}\frac{s_{y,12}}{\sqrt{12}}= \displaystyle -0.0092-2.201\,\frac{0.0197}{\sqrt{12}} = -0.022$$

  $$\overline\theta(x_1,\ldots,x_{12}) =\overline y_{12}+t_{11,\, 0.975}\frac{s_{y,12}}{\sqrt{12}}= \displaystyle -0.0092+2.201\,\frac{0.0197}{\sqrt{12}} =0.0033$$

  
  

• Somit ergibt sich das (konkrete) Konfidenzintervall $(-0.022,\,0.0033)$ für $\mu_1-\mu_2$.