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Diskrete Zufallsvariablen; Wahrscheinlichkeitsfunktion

Wir unterscheiden 2 (Grund-) Typen von Zufallsvariablen: diskrete und absolutstetige Zufallsvariablen.

Definition
$ \;$ Die Zufallsvariable $ X$ (bzw. ihre Verteilung) heißt diskret, falls es eine abzählbare Teilmenge $ C\subset \mathbb{R}$ gibt, so dass $ P(X\in C) =1$.
Beachte
$ \;$ Der Begriff der absolutstetigen Zufallsvariablen wird später in Abschnitt 3.2.4 eingeführt. Wir erwähnen jedoch schon jetzt ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal:
  1. diskrete Zufallsvariablen haben einen abzählbaren Wertebereich, z.B. wenn $ \Omega=X^{-1}(C)$ mit $ C\subset\mathbb{N,Z,Q}\subset \mathbb{R}$. Sei beispielsweise $ X=$ Augensumme bei zweimaligem Würfeln $ \Rightarrow X:\Omega \rightarrow \{2,3,\ldots ,12\}$
  2. absolutstetige Zufallsvariablen haben einen überabzählbaren Wertebereich, z.B. $ [a,b],[a,\infty ),(-\infty ,b],\mathbb{R}$
    z.B. Roulette mit drehbarem Zeiger und ,,kontinuierlicher'' Skala, wobei
    $ X$ = Wert des Spiels = Winkel des Zeigers, d.h. $ X:\Omega \rightarrow [0,2\pi )$

Definition
$ \;$ Sei $ X$ eine diskrete Zufallsvariable, d.h., es gebe eine abzählbare Menge $ C=\{ x_{1},\, x_{2},\, \ldots \}$, so dass $ P(X\in C) =1$. Dann heißt die Folge $ p_1,p_2,\ldots$ mit $ p_k=P(X=x_{k})$ Wahrscheinlichkeitsfunktion (bzw. Zähldichte) von $ X$.
Beachte
 
  1. Für jede Wahrscheinlichkeitsfunktion $ \{p_k\}$ gilt offenbar $ p_k\geq 0$ für jedes $ k=1,2,\ldots$ und $ \sum\limits ^{\infty }_{k=1}p_k=1$.
  2. Die Verteilung einer diskreten Zufallsvariablen $ X$ wird eindeutig durch die Wahrscheinlichkeitsfunktion $ \{ p_{k}\}$ bestimmt, denn es gilt dann für jedes $ B\in\mathcal{B}(\mathbb{R})$
    $\displaystyle P_X(B)$ $\displaystyle =$ $\displaystyle P_X(B\cap C)$  
      $\displaystyle =$ $\displaystyle P_X\bigl(\bigcup\limits_{i:x_i\in
B}\{x_i\}\bigr)$  
      $\displaystyle =$ $\displaystyle \sum\limits_{i:x_i\in
B}P_X(\{x_i\})$  
      $\displaystyle =$ $\displaystyle \sum\limits_{i:x_i\in
B} p_i\,.$  

  3. Für jedes $ x_k\in C$ heißt die Zahl $ p_k=P(X=x_k)$ Einzelwahrscheinlichkeit von $ X$.

Beispiele
 
  1. zweimaliges Würfeln
    • Sei $ X=$ Summe der Augenzahlen beim zweimaligen Würfeln.
    • Dann gilt $ P(X\in C) =1$ mit $ C=\{2,\, 3,\, \ldots ,\, 12\} $, d.h. $ x_{k}=k+1$.
    • Die Wahrscheinlichkeitsfunktion von $ X$ ist gegeben durch:



      $ x_k $ 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
      $ p_k $ $ \frac{1}{36} $ $ \frac{2}{36} $ $ \frac{3}{36} $ $ \frac{4}{36} $ $ \frac{5}{36} $ $ \frac{6}{36} $ $ \frac{5}{36} $ $ \frac{4}{36} $ $ \frac{3}{36} $ $ \frac{2}{36} $ $ \frac{1}{36} $



  2. Bernoulli-Schema
    • Einmaliger Münzwurf: $ \Omega _{1}=\{0,\, 1\} $, ,,0'' = Wappen, ,,1'' = Zahl
    • $ n$-maliger Münzwurf: Für $ i=1,\ldots,n$ setzen wir $ \Omega _{i}=\{0,\, 1\} $, wobei $ P _{i}(\{ \omega _{i}\})
=\frac{1}{2} $ im Fall einer fairen Münze bzw. allgemein $ P_{i}(\{1\})=a_i$ und $ P_i(\{0\})=1-a_i $.
    • Bei identischen Versuchsbedingungen nehmen wir an, dass $ a_{1}=a_{2}=\ldots =a_{n}=p,\, p\in [0,\, 1]$.
    • Unabhängige Versuche modellieren wir durch den Ansatz $ (\Omega ,\mathcal{F},P)$ mit

      $\displaystyle \Omega =\Omega _{1}\times \ldots \times \Omega _{n}
=\left\{\omeg...
...),\,
\omega _{i}\in \{0,\, 1\}\right\},\qquad \mathcal{F}=\mathcal{P}(\Omega ),$

      wobei $ P$ das Produktmaß auf $ \mathcal{F}$ ist, für das gilt: $ P(\{\omega\}) =\prod\limits^{n}_{i=1}P _{i}(\{ \omega_{i}\})$.
    • Sei $ \omega=(\omega_1,\ldots,\omega_n)\in\Omega$ ein beliebiges Elementarereignis. Dann gilt

      $\displaystyle P(\{\omega\})=\prod_{i:\omega_i=1}a_{i}\prod_{j:\omega_j=0}(1-a_j)
$

    • Für $ \omega \in \Omega$ mit $ \vert\{i:\omega_i=1\}\vert=k$ und $ a_{1}=a_{2}=\ldots =a_{n}=p$ gilt dann insbesondere

      $\displaystyle P(\{\omega\})=p^k(1-p)^{n-k}\,.$

    • Deuten ,,1'' als Erfolg und ,,0'' als Misserfolg.
    • Sei $ X=$ Anzahl der Erfolge bei $ n$ Versuchen. Falls $ a_{1}=a_{2}=\ldots =a_{n}=p$, dann gilt

      $\displaystyle P(X=k)={n\choose k} p^k(1-p)^{n-k}\qquad \forall k=0,1,\ldots,n.$

    • Sprechweise: $ X$ ist binomialverteilt mit den Parametern $ n$ und $ p$.
    • Spezialfall: Falls $ n=1$, dann sagen wir, dass $ X$ Bernoulli-verteilt ist.


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Ursa Pantle 2004-05-10