Gemäß Theorem 4.2 führt der Ansatz
(25) des Neyman-Pearson-Tests für jeden
Stichprobenumfang zu einer Minimierung der Wahrscheinlichkeit
des Fehlers zweiter Art.
Wie wollen nun untersuchen, wie schnell diese
Fehlerwahrscheinlichkeit gegen 0 konvergiert, wenn der
Stichprobenumfang unendlich groß wird, d.h., wenn
.
Dabei zeigen wir in Theorem 4.3, daß die
Wahrscheinlichkeit des Fehlers zweiter Art um so schneller gegen
0 konvergiert, je größer die relative Entropie der Verteilungen
ist, wobei
bereits in
Abschnitt 2.4.1 im Zusammenhang mit der Konsistenz von
Maximum-Likelihood-Schätzern betrachtet worden ist.
Bei NP-Tests von einfachen Hypothesen kann die relative Entropie
nun als eine Maßzahl für die
statistische Unterscheidbarkeit der Verteilungen
aufgefaßt werden.
Beachte
Wir betrachten erneut die Hypothesen
bzw.
für zwei beliebige, jedoch vorgegebene Parameterwerte
mit
.
Der Einfachheit wegen setzen wir voraus, daß die Verteilungen
absolutstetig sind und daß die
Dichten von
überall positiv sind.
Hieraus folgt insbesondere, daß
(47)
Der folgende Grenzwertsatz wird in der Literatur das Lemma
von Stein genannt (zu Ehren von Charles Stein, Professor Emeritus
in Statistics, Stanford University, USA)
Theorem 4.3
Sei
. Für jeden Stichprobenumfang
sei
ein Neyman-Pearson-Test mit
. Dann gilt
(48)
Beweis
Wir benutzen ähnliche Überlegungen wie im Beweis von
Theorem 2.10.
Sei
und
(49)
wobei
der in
(28) definierte Likelihood-Quotient ist.
Dann gilt
,
und
gemäß Theorem 4.2 gibt es Konstanten
und
, so daß
für die
Neyman-Pearson-Tests mit
(50)
Wir zeigen zunächst, daß
(51)
Aus (50) ergibt sich, daß
und damit auch
, falls
.
Hieraus ergibt sich die Gültigkeit der Ungleichungen
bzw.
Um (51) zu beweisen, genügt es somit zu zeigen,
daß es für jedes
eine natürliche Zahl
gibt, so daß für jedes .
Dies ergibt sich aber aus der Tatsache, daß
für jedes
und
für jedes
, wobei sich die letzte
Konvergenz aus (49) und aus dem starken Gesetz der
großen Zahlen ergibt, vgl. den Beweis von
Theorem 2.10.
Um den Beweis zu beenden, zeigen wir nun noch, daß
(52)
Hierbei können wir o.B.d.A. annehmen, daß
.
Für jedes
gilt dann
für jedes hinreichend große , wobei sich die letzte Ungleichung
aus dem starken Gesetz der großen Zahlen ergibt (vgl.
Theorem WR-5.15), weil
unter .
Die Konvergenz (48) in Theorem 4.3
bedeutet, daß für große
(53)
Mit anderen Worten: Für
strebt die Macht
der NP-Tests
mit exponentieller Geschwindigkeit gegen .
Beispiel
Normalverteilte Stichprobenvariablen
Falls
N
und
N
mit
, dann gilt (vgl.
Übungsaufgabe 12.2 d)
Beim Test zweier Normalverteilungen mit gleicher Varianz ist also
die exponentielle Konvergenzrate
in (53) der Wahrscheinlichkeit für Fehler zweiter
Art proportional zur quadratischen Abweichung
der Erwartungswerte
.
Beachte: In dem hier betrachteten Beispiel des Tests zweier
Normalverteilungen mit gleicher Varianz kann die Näherungsformel
(53) für die Fehlerwahrscheinlichkeit
wie folgt präzisiert
werden: Für
gilt
wobei mit der Schreibweise
die asymptotische
Äquivalenz der Folgen und mit
gemeint ist, d.h.,
vgl. auch Übungsaufgabe 12.2 e (bzw. Seite 255 in H.-O. Georgii
(2002) Stochastik: Einführung in die
Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik, de Gruyter, Berlin).