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Zentraler Grenzwertsatz für Summen von unabhängigen Zufallsvariablen

In Verallgemeinerung des zentralen Grenzwertsatzes von DeMoivre-Laplace, der bereits in Abschnitt 3.2.4 erwähnt wurde, leiten wir den folgenden zentralen Grenzwertsatz für Summen von unabhängigen und identisch verteilten Zufallsvariablen her.

Theorem 5.16   Sei $ X_1,X_2,\ldots:\Omega\to\mathbb{R}$ eine Folge von unabhängigen und identisch verteilten Zufallsvariablen mit $ {\mathbb{E}\,}(X_i^2)<\infty$ und $ {\rm Var\,}X_i>0$ für alle $ i=1,2,\ldots$; $ \mu={\mathbb{E}\,}X_i$, $ \sigma^2={\rm Var\,}X_i$. Dann gilt für jedes $ x\in\mathbb{R}$

$\displaystyle \lim\limits _{n\to\infty}P\Bigl(\frac{(X_1+\ldots+X_n)-n\mu}{\sigma\sqrt{n}} \le x\Bigr)=\Phi(x)\,,$ (44)

wobei $ \Phi:\mathbb{R}\to[0,1]$ die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung ist.


Im Beweis von Theorem 5.16 benutzen wir eine Approximationsmethode, die auf G. Kersting zurückgeht. Dabei benötigen wir mehrere Hilfssätze, die auch von eigenständigem Interesse sind.

Zunächst betrachten wir eine Reihe von analytischen Eigenschaften der Verteilungsfunktion $ \Phi$ der N$ (0,1)$-Verteilung, die gegeben ist durch

$\displaystyle \Phi(x)=\frac{1}{\sqrt{2\pi }}\int\limits_{-\infty}^x \exp
\Bigl(\displaystyle
-\frac{v^{2}}{2}\Bigr)\, dv \qquad\forall x\in\mathbb{R}\,.
$

Lemma 5.6    
1.
Die Funktion $ \Phi:\mathbb{R}\to[0,1]$ ist unendlich oft differenzierbar.
2.
Sämtliche Ableitungen $ \Phi^{(n)}$ von $ \Phi$ sind beschränkte Funktionen $ (n\in\mathbb{N})$, und es gilt

$\displaystyle \sup\limits_{x\in\mathbb{R}}\Phi^{(1)}(x)=\Phi^{(1)}(0)=\frac{1}{\sqrt{2\pi }}\le 1$ (45)

und

$\displaystyle \sup\limits_{x\in\mathbb{R}}\vert x\,\Phi^{(1)}(x)\vert<\infty\,,\qquad\sup\limits_{x\in\mathbb{R}}\vert x^2\Phi^{(2)}(x)\vert<\infty\,.$ (46)

3.
Außerdem gilt die Identität

$\displaystyle \Phi^{(2)}(x)=-x\,\Phi^{(1)}(x)\qquad \forall x\in\mathbb{R}\,.$ (47)

Der Beweis von Lemma 5.6 wird in den Übungen behandelt; vgl. Übungsaufgabe 13.1.


Der nächste Hilfssatz enthält eine nützliche (gleichmäßige) Stetigkeitseigenschaft von $ \Phi$.

Lemma 5.7   Sei $ X\in L^2$ eine beliebige Zufallsvariable mit

$\displaystyle {\mathbb{E}\,}X=0\,,\qquad {\rm Var\,}X=1$ (48)

und

$\displaystyle P(\vert X\vert\le c)=1$ (49)

für eine Konstante $ c<\infty$. Mit der Schreibweise $ \alpha_n=\sqrt{(n+1)/n}$ und $ \beta_n=1/\sqrt{n}$ gilt dann für $ n\to\infty$

$\displaystyle \sup\limits_{x\in\mathbb{R}} \vert{\mathbb{E}\,}(\Phi(\alpha_n x-\beta_n X)-\Phi(x))\vert=O\Bigl(\frac{1}{n^{3/2}}\Bigr)\,.$ (50)

Beweis
 


Definition
$ \;$ Für beliebige Verteilungsfunktionen $ F,G:\mathbb{R}\to[0,1]$ sei

$\displaystyle d(F,G)=\sup\limits_{x\in\mathbb{R}}\vert F(x)-G(x)\vert\,.$ (54)

Die in (54) gegebene Abstandsfunktion heißt Supremum-Metrik.


Beachte
$ \;$ Anstelle $ d(F,G)$ schreiben wir manchmal auch $ d(X,Y)$ oder $ d(X,G)$, falls $ X$ und $ Y$ Zufallsvariablen mit den Verteilungsfunktionen $ F$ bzw. $ G$ sind.

Lemma 5.8   Seien $ X,Y:\Omega\to\mathbb{R}$ beliebige Zufallsvariablen mit $ Y\in L^2$, und sei $ \Phi$ die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung N$ (0,1)$. Falls $ {\mathbb{E}\,}(Y^2)<c$, dann gilt

$\displaystyle d(X+Y,\Phi)\le d(X,\Phi)+2c^{1/3}\,.$ (55)

Beweis
 

In dem folgenden Hilfssatz leiten wir Bedingungen her, unter denen die Summe von unabhängigen (nichtnotwendig identisch verteilten) diskreten Zufallsvariablen näherungsweise normalverteilt ist.

Lemma 5.9   Seien $ X_1,X_2,\ldots:\Omega\to\mathbb{R}$ unabhängige diskrete Zufallsvariable, die jeweils nur endlich viele verschiedene Werte mit positiver Wahrscheinlichkeit annehmen. Falls

$\displaystyle {\mathbb{E}\,}X_n=0\,,\qquad {\rm Var\,}X_n=1\qquad\qquad \forall n\in\mathbb{N}$ (58)

und falls es eine Konstante $ c<\infty$ gibt, so dass

$\displaystyle \vert X_n\vert\le c \qquad \forall n\in\mathbb{N}\,,$ (59)

dann gilt

$\displaystyle d(Y_n^*,\Phi)\to 0$ (60)

für $ n\to\infty$, wobei $ Y_n^*=(X_1+\ldots+X_n)/\sqrt{n}$.

Beweis
 


Beweis von Theorem 5.16
 

Korollar 5.4   Unter den Voraussetzungen von Theorem  % latex2html id marker 36282
$ \ref{the.zen.gre}$ gilt

$\displaystyle \lim\limits _{n\to\infty}P\Bigl(\frac{(X_1+\ldots+X_n)-n\mu}{\sigma\sqrt{n}} <x\Bigr)=\Phi(x)$ (66)

für jedes $ x\in\mathbb{R}$, und

$\displaystyle \lim\limits _{n\to\infty}P\Bigl(a\le\frac{(X_1+\ldots+X_n)-n\mu}{\sigma\sqrt{n}} \le b\Bigr)=\Phi(b)-\Phi(a)$ (67)

für beliebige $ a,b\in\mathbb{R}$ mit $ a\le b$.

Beweis
 


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Ursa Pantle 2004-05-10